Interview mit Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler
Ein ausführliches Interview mit Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu den Themen: Zweites Tourismusforum, Tourismusakzeptanz, Besuch der philippinischen Tourismusministerin, Internationale Tourismusbörse Berlin und Ferienmesse Wien, Kulinarikmesse "Mehr Regionalität für Ihren Gast", 10 Jahre International Women's Forum Austria, Bundesländertage, aktuelle Wintersaison
Mitte März veranstalteten Sie gemeinsam mit Bundesminister Martin Kocher das Tourismusforum. Welche Themen standen hier im Mittelpunkt?
Das Tourismusforum fand aufgrund des großen Interesses bereits zum zweiten Mal statt. Rund 100 Vertreterinnen und Vertreter der Branche nutzten die Gelegenheit, um sich über die Zukunftsthemen Arbeitsmarkt, Kommunikation und Investitionen auszutauschen, gemeinsam mit der Österreich Werbung, der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank und dem Arbeitsmarktservice. Ziel ist es, den Tourismus weiterhin als starke Branche zu positionieren, und das auf allen Ebenen.
Sie haben im Rahmen des Tourismusforums auch die neuesten Zahlen zur Tourismusakzeptanz präsentiert. Was leiten Sie daraus ab?
Für einen erfolgreichen Tourismus gibt es zwei wesentliche Erfolgsfaktoren: den Arbeitsmarkt und die Tourismusakzeptanz. Beim Arbeitsmarkt haben wir in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen gesetzt: Von der Stammsaisonnier- und Stammmitarbeiterregelung über die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte bis hin zur Erhöhung der Saisonnierkontingente.
Nicht weniger relevant ist die Frage "Wie steht die österreichische Bevölkerung zum Tourismus?". Bei der Messung der Tourismusakzeptanz für das Jahr 2023 kamen wir auf 75 Punkte – 2022 waren es 76. Wir sind damit auf konstant hohem Niveau, dürfen den rückläufigen Trend aber nicht unterschätzen. Wir sichern deshalb die Befragung zur Tourismusakzeptanz nachhaltig ab, indem sie künftig von der Statistik Austria erhoben wird. Zudem erhöhen wir die Befragungen von 2.500 auf 10.000. Mit der Broschüre "Find the Right Balance" wollen wir mehr Awareness für "Unbalanced Tourism" schaffen und gleichzeitig eine Orientierungshilfe für betroffenen Regionen und Destinationen geben, um den Tourismus wieder ins Gleichgewicht zu bekommen. Mit einem Förderungscall im Volumen von 500.000 Euro fördern wir auch finanziell die Entwicklung regionaler Konzepte gegen "Unbalanced Tourism".
Um den touristischen Arbeitsmarkt ging es auch beim Besuch der philippinischen Tourismusministerin in Wien. Was macht die Philippinen so interessant für Österreich?
Arbeitsmigration gilt auf den Philippinen als "Filipino Way of Life". Die Bereitschaft der Filipinas und Filipinos, im Ausland zu arbeiten ist seit vielen Jahrzehnten stark ausgeprägt. Der Tourismus und die Pflege sind zudem die beiden größten Beschäftigungsbranchen für Filipinos und Filipinas in Österreich. Knapp ein Viertel der philippinischen Beschäftigten arbeitet derzeit im Tourismus. Umso wichtiger ist es, dass wir das im letzten Jahr unterschriebene MoU mit den Philippinen weiter mit Leben füllen. Deshalb habe ich mit der philippinischen Tourismusministerin Christina Garcia Frasco über den Abschluss eines Working-Holiday-Programms, wie es auch im MoU vorgesehen ist, diskutiert. Working Holiday-Programme verknüpfen Ferien mit praktischer Berufserfahrung im Ausland, um es jungen Menschen zu ermöglichen, sich ihren Auslandsaufenthalt teilweise selbst zu finanzieren. Dabei können sie im Zielland befristete Arbeitsverhältnisse eingehen und auch Bildungseinrichtungen nutzen.
Der März ist mit der Internationalen Tourismusbörse in Berlin und der Ferienmesse in Wien sozusagen der Messemonat für die Branche.
Auf der diesjährigen ITB, der weltgrößten Tourismusmesse, hat die Österreich Werbung ihren neuen Markenauftritt, mit dem österreichischen "Lebensgefühl" im Zentrum, präsentiert. Er soll das österreichische Lebensgefühl, das sich durch Gelassenheit, Leichtigkeit und Genuss auszeichnet, international etablieren. Auch die Austrian Leading Sights waren am gemeinsamen Österreich-Stand wieder mit dabei. Somit konnten wir dieses Jahr als Tourismusdestination Österreich dem internationalen Publikum die Vielfalt und Exklusivität der führenden österreichischen Sehenswürdigkeiten gemeinsam mit dem gesamten anderen touristischen Angebot perfekt präsentieren. Mit der Ski-WM 2025 setzte das Partnerbundesland Salzburg auf das Top-Event schlechthin, um Österreich als führende Skination international hervorzuheben. Auch was den Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit betrifft, so soll die Ski-WM 2025 als Green Event über die Bühne gehen. Insgesamt empfingen die 64 Partner aus ganz Österreich 3.500 Gäste und absolvierten rund 2.000 Termine am Stand – eine Verdoppelung zum Vorjahr.
Kurz danach wurde auch die Ferienmesse in Wien als Österreichs größte Messe für Urlaub, Reise und Freizeit mit 51 Ausstellerinnen und Ausstellern aus Österreich eröffnet und war, wie man am Interesse der Besucherinnen und Besucher sehen konnte, ein voller Erfolg. Besonders spannend zu sehen war, wie stark der Tourismus sein Angebot zunehmend diversifiziert, um unseren Gästen ein maßgeschneidertes Urlaubserlebnis bieten zu können. Das wurde mir auch aus meinen Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aus China, Georgien und Tschechien wieder besonders bewusst.
Zum Lebensgefühl gehört natürlich auch das Thema regionale Lebensmittel und Kulinarik, wie es auch bei der Veranstaltung "Mehr Regionalität für Ihren Gast" Thema war.
Für ein Drittel unserer Gäste ist Kulinarik ein Fixpunkt im Österreich-Urlaub. Grund dafür ist natürlich die hohe Qualität der heimischen Produkte und die innovative Küche in den Regionen Österreichs. Bei der Kulinarikmesse "Mehr Regionalität für Ihren Gast" stellten über 46 Erzeugerinnen und Erzeuger aus Wien und Niederösterreich, darunter 17 Weinbaubetriebe, ihre Produkte in der Burg Perchtoldsdorf vor. Das war die perfekte Gelegenheit, um touristische Betriebe mit regionalen Produzentinnen und Produzenten im Wienerwald zu vernetzen. Wien und Niederösterreich wurden bei der Veranstaltung als Kulinarik-Destination ein Stück weit erlebbarer, wie es auch im Masterplan Tourismus festgehalten ist.
Das International Women's Forum Austria feierte sein zehnjähriges Bestehen. Wie steht es um die Frau im Tourismus?
Das IWF Austria vernetzt Frauen in Führungspositionen in Österreich und weltweit, um sie auch bei ihrer weiteren Karriere zu unterstützen. In Österreich sind circa ein Drittel der Frauen in Führungspositionen. Was mich als Frau, Mutter und Großmutter, aber auch als Touristikerin besonders freut, ist, dass im Tourismus mehr als zwei Drittel der Führungspositionen von Frauen besetzt sind. Ohne Frauenpower wäre der österreichische Tourismus gar nicht so erfolgreich! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist natürlich nach wie vor herausfordernd – ein Thema, das wir in der Bundesregierung mit verschiedensten Maßnahmen angehen.
Werfen wir einen Blick in die Bundesländer. Wo waren Sie im März unterwegs?
Der März war ein echter Tourenmonat. Es ging unter anderem nach Lech in Vorarlberg, wo wir den Almhof Schneider besichtigt haben. Er gehört zu den führenden Hotelbetrieben im internationalen Wintersport und ist damit ein weltweiter Botschafter für den österreichischen Tourismus. Zu verdanken ist dies in besonderem Maße Hannelore Schneider, die mit ihrem Mann und ihrer Vision, Durchsetzungskraft und Leidenschaft den Almhof zu dem gemacht hat, was er heute ist. Es freut mich sehr, dass Tourismuslandesrat Christian Gantner und ich Hannelore Schneider posthum bzw. in Vertretung ihrem Sohn Gerold Schneider das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich verleihen durften.
Am Nassfeld, im größten Skigebiet Kärntens, standen Einblicke in das Konzept "Nassfeld 2050" am Programm. In einem intensiven Prozess mit allen Stakeholdern hat man hier eine Strategie erarbeitet, wie die Zukunft des Skigebiets aussehen soll. Das beinhaltet unter anderem stärkere Investitionen in erneuerbare Energien, smarte Mobilitätslösungen und die Klimaneutralität bis 2050. Das Nassfeld ist damit ein Vorzeigebeispiel, das sich mit seiner Zukunft auseinandersetzt, um auch in Zukunft ein hochqualitatives Naherholungsgebiet für inländische wie ausländische Gäste bzw. Sommer- und Wintersportler zu sein.
In Oberösterreich ging es unter anderem in den Bezirk Perg. Eine Region, die man vielleicht nicht so sehr mit dem Tourismus verbinden würde. Aber hier zeigt sich besonders gut am Beispiel des Wellnesshotels Aumühle, die wir besichtigten, dass Produkte die perfekt auf seine Zielgruppe passen und von einer leidenschaftlichen Gastgeberfamilie geführt werden, einfach fast überall erfolgreich sind. Die Region Perg-Strudengau ist zudem Teil des EU-Programms Leader im Bereich der Schaffung von touristischer Infrastruktur. Mehr als 60 Leader-Projekte konnten in den vergangenen Jahren umgesetzt werden.
Wer es nicht kennt, hat echt etwas versäumt. Der Besuch in magdas HOTEL in Wien, einem umfunktionierten ehemaligem Priesterheim, war eine der besonderen Sternstunden für mich. Es ist Österreichs erstes Social-Business-Hotel, das Menschen aus aller Welt zusammenbringt. Aus dem Grundgedanken der Caritas hat es sich das magdas HOTEL zur Aufgabe gemacht, Menschen mit Fluchterfahrung oder Beeinträchtigungen zu professionellen Gastgeberinnen und Gastgebern auszubilden und so langfristig in den österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren. Neben dem unterstützenswerten sozialen Aspekt punktet das Hotel mit super inszenierten Vintage- und Upcycling-Möbeln, für die viele alte und teils auch originale Möbel restauriert wurden. Jedes Teil im Hotel spricht seine eigene Sprache und damit auch eine besondere Geschichte. Das magdas HOTEL ist als Unternehmen ein wichtiges Best-Practice-Beispiel und in vielen Bereichen der Integration ein Vorreiter und Vorbild zugleich.
Zwei Drittel der Wintersaison sind bereits gelaufen. Wie ist Ihre Einschätzung?
Österreich als Skination erfreut sich auch in dieser Wintersaison wieder großer Beliebtheit bei all unseren Gästen. Bisher verzeichneten wir 50,6 Millionen Nächtigungen – ein Plus von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das liegt vor allem daran, dass wir ein weiterhin gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für unsere ausländischen aber auch inländischen Gäste haben, deren Nächtigungen in der bisherigen Wintersaison mit 3,6 Prozent auf über elf Millionen Nächtigungen gestiegen sind. Ein breit gefächertes Angebot in der Beherbergung – von Low-Budget bis Luxus – und ein richtig großes Wintersportangebot – von der Familienabfahrt bis zur Sportpiste – begeistern unsere Gäste immer wieder aufs Neue.
Mit 18,45 Millionen Nächtigungen ist der heurige Februar, der traditionell der nächtigungsstärkste Monat im Wintertourismus ist, sehr gut gelaufen. Es ist dies der zweitbeste gemessene Werte nach dem Februar 2020 mit 19,73 Millionen Nächtigungen. Besonders günstig wirkten sich die über den ganzen Februar verteilten österreichischen Semesterferien aus, ebenso wie die in diese Zeit gefallenen Faschingsferien in Deutschland und den Niederlanden – den wichtigsten ausländischen Herkunftsmärkten für den österreichischen Tourismus.